Joana, jetzt mal Butter bei die Wassertiere!

Erst kürzlich machte ich mich auf, um einmal wieder meine Skifahrerkünste zum Besten zu geben. Vor der Abfahrt ahnte ich nur leider 3 Dinge nicht: Erstens: Meine Skifahrerkünste Skifahrerkünste zu nennen glich Ironie pur, denn, nein, von einer „Kunst“ kann bei mir hier leider keine Rede mehr sein. Zweitens: Eine Skijacke heißt deswegen Skijacke, weil man sie zum Skifahren anziehen sollte. Und nicht, um Sie zuhause zu lassen und groß zu Tönen: „Haha, wie Ihr Euch einfach alle so kaputtschwitzen werdet. Gut, dass ich keine Skijacke dabei habe!“ Drittens: Der Song „Joana, geboren um Liebe zu geben“ kann und WIRD in Dauerschleife gespielt, wenn eine Johanna im Skiurlaub dabei ist. Und wenn diese Johanna um einen anderen Song bittet, wird der Song „Joana“ lediglich durch den Song „Give me hope, Joanna“ ersetzt. Und wenn Du selbst tätig wirst und die Boxen abstöpselst, fängt die ganze Truppe einfach an zu singen „Kannst Du pfeifen Johanna?“ von den Comedian Harmonists. Ja, mit dieser Songauswahl muss sich eine Johanna im Skiurlaub begnügen, mehr wird da nicht kommen.
Was aber sicher kommen wird, ist Hohn und Spott und viele, viele Sprüche, wenn dann auf der Piste bei gefühlten Minus 20 Grad und eisigem Wind die fehlende Skijacke zum Thema wird. „Ohhhhh ja, wir werden uns ja sooo kaputt Schwitzen“, imitierte mich Vivi höchst Sarkastisch, während ich mich heimlich fragte, ob ich es wohl mit steifgefrorenem Körper noch schaffen würde, Sie in den Schnee zu stupsen. Ich schaffte es nicht. Was aber wahrscheinlich gar nicht so an mir lag, sondern eher an Vivi, die den Umgang mit Ihrem Snowboard perfekt beherrschte. „Wie ein Fisch im Wasser “ musste ich laut und neidlos anerkennen, als Sie die Piste heruntersauste, worauf der Rest unserer Skitruppe fast von selbst in den Schnee kippte – vor Lachen. „Wie ein Fich im Wasser“, lachte Michael und verdeutlichte mir einmal mehr, dass mir durch das komplette Wochenende nun Witze bezüglich meiner Aussprache drohten, nur wegen diesem dummen Satz mit diesem dummen Fisch. Die Skitruppe ist nämlich der festen Überzeugung, dass ich ein SCH immer als CH ausspreche. Was mir dann stets als sprachliche Behinderung angekreidet und als Startschuss verwendet wird, wirklich jedes Wort mit SCH mit voller Absicht falsch auszusprechen. „Gibt es heute Abend eigentlich Fleich? Und bringt Ihr das dann an den Tich?“ ruft Walter mir entgegen und lacht. Alle lachen. Ich lache nicht, sondern sause die Piste hinunter und frage mich, während der eisige Fahrtwind durch meine nicht-vorhandene Skijacke dringt: „Wie konnte es soweit kommen? Und wie kann ich diesen Witz in Dauerschleife nur wieder abstellen?“
Zurück auf der Hütte hatte sich dann alles wieder akklimatisiert. Die Witze der Reisetruppe wurden weniger, meine Körpertemperatur schaffte es wieder aus dem Gefrierpunkt heraus und ich fiel erschöpft ins Bett. „Wenigstens schlafen kann man in Ruhe“, dachte ich beim dahinschlummern und lächelte entspannt. Hätte ich gewusst, dass mir noch am gleichen Abend die Zimmertür ausgehängt, neben mich gelegt und wieder einmal „Joana“ in Dauerschleife in ca. 120 dB gespielt wird (auf Wikipedia steht, dass 120 dB eine gehörschädigende Wirkung haben. Und da der Song alleine schon eine Gehörschädigende Wirkung hat, werden es wohl so 120 dB gewesen sein), ja, hätte ich das gewusst, ich hätte diese kurzzeitige Entspannung wahrscheinlich doppelt genossen.
Und so finde ich mich, wie schon angekündigt, nur kurze Zeit später in meinem Bett wieder. Zu meiner linken: Die Tür, die eigentlich in die Halterung am Türrahmen gehörte. Zu meiner rechten: Das Fenster, aus dem gestern erst meine Bettwäsche mitsamt meiner Laune hinausgeschmissen wurde. Zum Glück holte Vivi, die Ihre Bettwäsche ebenfalls vor unserem Fenster in der freien Natur fand, meine Bettwäsche gleich wieder mit ins Zimmer und rettete damit auch meine Laune.
Aber dennoch: Ausgehängte Tür? Ich konnte es nicht glauben! „Ihr hängt jetzt nicht wirklich eine Tür aus?“ fragte ich ungläubig in die Runde, hielt meine Bettdecke mit aller Kraft um mich herumgewickelt, damit Sie mir nicht wieder entwendet wurde und sah dabei ein bisschen aus, wie das was wir am Abend zuvor gegessen hatten: Ein Wrap.
„Das mussten wir“, grinste mir Stefan entgegen. „Wegen der Statiküberpüfung und so!“ Die anderen nickten einstimmig. Und ich schüttelte nur den Kopf. Doch jetzt wo ich wach war, konnte ich mich auch zu den anderen gesellen (ohne Tür war mein Zimmer ja sowieso nicht mehr ganz so existent). „Ich setz mich mal zu Euch an den T… Essplatz“, korrigierte  ich mich gerade noch rechtzeitig, als ich bemerkte, dass bei der Ankündigung des Wortes „Tisch“ alle schon die Ohren spitzten. „So, so. Jetzt werden alle Worte mit „sch“ wohl umgangen?“, fragte Vivi lachend und ergänzte: „Und was schwimmt im Meer und wird so gern geangelt?“ „Na…Wassertiere“, antworte ich locker. Und innerlich fühle ich mich jetzt so überlegen.
Alle sind still, keiner kann mehr einen Witz machen. „Willst Du jetzt immer so reden?“ fragte mich Michael besorgt. Man merkte, er hatte Angst, dass er nun um seine zukünftigen Witze gebracht wurde.
„Das ist doch nicht Dein Ernst!“ ruft Walter.
„Das ist doch jetzt nicht wirklich Dein Plan!?“ ruft Stefan.
„Nie wieder „Fisch“ zu sagen, willst Du das wirklich?“ fragt Vivi entsetzt und ergänzt grinsend: „Jetzt mal Butter bei die Wassertiere!“
Im Hintergrund startet wieder der Song: Joana, geboren um Liebe zu geben.
Und ich seufze auf und frage in die Runde: „Was habe ich nur falch gemacht?“
Wieder lachen alle.
Ich stapfe in mein Zimmer.
Und läge die Zimmertür nicht noch immer ausgehängt in meinem Bett, ich hätte Sie wohl zugeknallt.
Ich Chwörs.

 

 


 

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